WAS IST FIBROMYALGIE
Einleitung
Fibromyalgie oder Fibromyalgiesyndrom (von lateinisch fibra, „Faser“ und griechisch μυς mys „Muskel“ und άλγος álgos „Schmerz“) ist ein Syndrom weitverbreiteter Schmerzen in verschiedenen Körperregionen, Schlafstörungen und vermehrter Erschöpfung.
Zu diesen Kernsymptomen kommen eine Reihe von Begleitsymptomen wie Morgensteifigkeit und Konzentrationsstörungen. Zur Diagnosestellung wird oft die Untersuchung druckschmerzhafter „tender points“ genutzt. Die meisten Betroffenen sind Frauen. Die Ursachen der Erkrankung sind noch nicht aufgeklärt, es ist aber bekannt, dass bei Fibromyalgie-Patienten eine generell erhöhte Schmerzempfindlichkeit vorliegt (Zentrale Sensibilisierung). Der Fokus der Behandlung liegt auf Sport- und Bewegungsangeboten.
Allgemeines zum Fibromyalgiesyndrom (FMS)
Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die lebenslang anhalten kann. Zumeist treten die ersten Symptome ab dem 35. Lebensjahr auf und verstärken sich anschließend. Nur wenige Patienten sind jünger; Frauen sind erheblich häufiger betroffen als Männer.
Betroffene klagen über andauernde oder immer wiederkehrende Schmerzen an Muskeln und Sehnen. Begleitsymptome sind Schlafstörungen und Müdigkeit am Tag, Konzentrationsprobleme und mentale Motivationsschwäche. Oft entwickeln sich Wetterfühligkeit, Ängstlichkeit und depressive Stimmung. Die Erholungsphasen nach körperlichen, geistigen oder emotionalen Belastungen sind deutlich länger als bei gesunden Menschen. Charakteristisch ist ein unangenehmes Schwellungsgefühl an Händen, Füßen und im Gesicht. Ungewöhnlich oft plagen Kopfschmerzen, Reizdarm und Reizmagen sowie Trockenheit und Empfindlichkeit der Schleimhäute die Patienten.
In der medizinischen Forschung werden vielfältige Ursachen diskutiert. Bei der Entstehung der Erkrankung wirken verschiedene Ursachen zusammen ohne dass eine Ursache allein entscheidend ist. Dies drückt sich in den multimodalen biopsychosozialen Ursachenmodellen aus. Neben einer wahrscheinlich nur geringfügigen genetischen Veranlagung und biologischen Faktoren werden psychische Faktoren wie psychosozialer Stress oder seelische Traumata als Auslöser diskutiert. Sicher ist jedoch, dass generalisierte Entzündungen nicht beteiligt sind: Fibromyalgie ist daher keine entzündlich rheumatische Erkrankung. Dieser weit verbreitete Irrtum kann zu schweren Therapiefehlern führen.
Fibromyalgie ist eine Erkrankung der Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung. Heftige Schmerzattacken werden von nahezu schmerzfreien Episoden abgelöst. Stress kann einen akuten Schub auslösen; positiver Stress bei großer Freude ebenso wie negativer durch psychische Belastung oder körperlicher Stress infolge einer Infektionserkrankung.
Verbreitung
Nach Schätzungen sind in Europa und Nordamerika etwa 0,5 bis 5,8 % der Bevölkerung vom Fibromyalgiesyndrom betroffen. In Deutschland erfüllten 2013 rund 2 % der Bevölkerung die Forschungskriterien des Fibromyalgiesyndroms. Unter den Patienten, die wegen Fibromyalgie behandelt werden, dominieren Frauen: Über 80 % der Patienten sind Frauen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren.
Ursachen
Es gibt nicht eine Ursache, die zur Entstehung eines Fibromyalgiesyndroms führt. Wahrscheinlich führt eine Kombination aus genetischer Veranlagung und verschiedenen psychischen, sozialen und biologischen Einflüssen zur Erkrankung.
- Da Fibromyalgie familiär gehäuft auftritt, sind genetische Mitursachen möglicherweise anzunehmen. Im Verdacht stehen verschiedene Gene, die am Hirnstoffwechsel beteiligt sind, insbesondere bei den Botenstoffen Serotonin, Dopamin und den Katecholaminen. Allerdings sind diese Genvarianten nicht spezifisch für die Fibromyalgie !
- Entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie die Rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematodes gehen oft sekundär mit einem Fibromyalgie-Syndrom einher.
- psychische Faktoren: Erfahrung sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt in der Kindheit, sowie sexueller Gewalt im Erwachsenenalter
- depressive Störungen und Angsterkrankungen gehen oft mit einem Fibromyalgie-Syndrom einher.
Pathophysiologie
Als Hauptfaktor in der Entstehung der Fibromyalgie wird nervliche Sensitivierung (Sensibilisierung), einschließlich zentraler Sensitivierung, angesehen. Das bedeutet, dass die Schmerzverarbeitung im zentralen Nervensystem so gestört ist, dass das Gehirn manchmal Schmerzen wahrnimmt, ohne dass ein schädigender Reiz aktuell vorliegt, und dass die Schmerzschwelle sinkt, wodurch normalerweise nicht schmerzhafte Reize als schmerzhaft wahrgenommen werden. Diese Annahme beruht auf verschiedenen pathophysiologischen Befunden:
So wurden bei Patienten mit einer Fibromyalgie unter anderem im Nervenwasser erniedrigte Spiegel von Serotonin-Stoffwechselprodukten festgestellt. Neben Serotonin wird auch die Rolle anderer Hormone und Neurotransmitter wie beispielsweise Substanz P oder das Wachstumshormon Somatotropin in der Entstehung der Fibromyalgie untersucht.
Symptome
Im Zentrum des Syndroms stehen chronische, also über mehrere Monate bestehende Schmerzen in mehreren Körperregionen, ein gestörter oder nicht erholsamer Schlaf und Müdigkeit bzw. vermehrte Erschöpfbarkeit.[8] Eine Studie der Deutschen Fibromyalgievereinigung ergab als häufigste Beschwerden Gelenk- und Muskelschmerzen an wechselnden Orten sowie Rückenschmerzen, Morgensteifigkeit, „Zerschlagenheit“ und das Gefühl, schlecht geschlafen zu haben am Morgen, sowie Müdigkeit, geringe Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit.
Das Fibromyalgiesyndrom geht häufig mit einer Depression einher. Zwischen 62 und 86 Prozent der Patienten zeigen im Laufe ihres Lebens Anzeichen einer Depression. Insbesondere bei den berichteten kognitiven Einschränkungen (wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen) ist unklar, inwieweit sie auf Depressionen, Ängste oder unerwünschte Wirkungen im Zentralen Nervensystem wirkender Medikamente zurückzuführen sind.
Krankheitsverlauf
Der Erkrankungsbeginn ist häufig schleichend und unauffällig. Am Anfang stehen meistens unspezifische Befunde wie Abgeschlagenheit, Schlafstörungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Später kommen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule hinzu. Erst danach entwickeln sich die typischen Schmerzen in Armen und Beinen sowie weitere begleitende Symptome und Beschwerden. In der Regel verschlimmert sich die Krankheit nicht kontinuierlich. Schmerzattacken werden von schmerzfreien Intervallen abgelöst. Kälte, Nässe oder äußere Belastungen können zur Verschlimmerung führen. Die einzelnen Schübe und akuten Phasen folgen keinem bestimmten Muster und sind deshalb nur schwer vorherzusehen, jedoch treten sie besonders häufig nach akuten Infektionskrankheiten auf (Grippe, Lungenentzündung, Lyme-Borreliose o. ä.). Stress ist jedoch ebenfalls ein ernstzunehmender Faktor. Viele Betroffene klagen über vermehrte Symptome (körperlich sowie psychisch), nachdem sie Stress hatten. Hierbei ist es egal, ob es „positiver Stress“ oder „negativer Stress“ ist. Aus diesem Grund ist auch Stabilität für Betroffene äußerst wichtig.
Zu einer krankheitsbedingten Zerstörung der Knochen – wie etwa bei einer rheumatoiden Arthritis – kommt es durch die Fibromyalgie selbst in der Regel nicht.
Diagnose
Die Diagnose einer Fibromyalgie gestaltet sich schwierig. Sowohl Röntgenbilder als auch Laborwerte geben keinen eindeutigen Aufschluss; Differentialdiagnosen sind hilfreich. Die Diagnosestellung beruht auf den Befunden der körperlichen Untersuchung und der Befragung der Patienten (Anamnese).
Differentialdiagnosen
Vor der Diagnosestellung des Fibromyalgiesyndroms müssen einige Krankheiten ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome wie die Fibromyalgie hervorrufen. Einige davon, insbesondere die entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, liegen oft gleichzeitig mit einem Fibromyalgiesyndrom einher oder ihm voraus. Die folgenden Differentialdiagnosen können in Betracht kommen (Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
- Systemische entzündliche Erkrankungen
- Rheumatoide Arthritis
- Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew)
- Sjögren-Syndrom
- Systemischer Lupus erythematodes
- Vaskulitiden, z. B. Polymyalgia rheumatica
- Entzündungen der Muskeln: Polymyositis und Dermatomyositis
- Infektionen
- Borreliose
- Hepatitis C
- HIV
- Coxsackie-Virus B
- Parvovirus
- Hormonelle Störungen
- Hypothyreose
- Hyperparathyreoidismus
- Cushing-Syndrom
- Periphere Neuropathie
- Myofasziales Schmerzsyndrom
- selten: Fluorchinolon-induziertes chronisches Syndrom (auch bekannt als Fluoroquinolone-Associated Disability (FQAD)).
Labordiagnostik
Ergeben sich aus der Anamnese und der körperlichen Untersuchung Hinweise auf das Vorliegen einer der oben genannten Differentialdiagnosen, können durch eine zielgerichtete Untersuchung des Blutes weitere Erkenntnisse gewonnen werden, etwa durch Bestimmung von Hormonen und Entzündungsparametern. Erhöhte Entzündungswerte im Blut (Blutsenkungsreaktion, C-reaktives Protein) sprechen beispielsweise für eine entzündliche Erkrankung – da die Fibromyalgie keine entzündliche Erkrankung ist, wären hier keine Auffälligkeiten zu erwarten. Weitere Untersuchungen sollten sich nach der vermuteten Krankheit richten, eine wahllose Bestimmung aller möglichen Laborwerte ist nicht empfehlenswert, da Marker, die auf bestimmte Erkrankungen hindeuten (wie beispielsweise Antinukleäre Antikörper oder Rheumafaktoren) auch bei Personen positiv ausfallen, die überhaupt nicht an einer solchen Erkrankung leiden, wodurch die Diagnose in die falsche Richtung gelenkt werden kann.
Klinische Diagnosekriterien
1990 legte das American College of Rheumatology (ACR) erstmals Kriterien vor, die die Diagnose der Fibromyalgie erleichtern sollten. Berücksichtigt wurden alleine die Schmerzen: der Betroffene musste von ausgebreiteten, andauernden Schmerzen in mehreren Körperregionen berichten. Zudem definierte das ACR 18 „tender points“, Druckpunkte also, die bei Fibromyalgie typischerweise schmerzhaft sein können. Bei der körperlichen Untersuchung müssen nach den Kriterien von 1990 mindestens 11 der 18 „tender points“ empfindlich sein.
In der medizinischen Grundversorgung wurden die „tender points“ oft nicht untersucht, weil die Ärzte ihre Diagnose lieber an den anderen Symptomen orientierten, oder die Untersuchung der „tender points“ wurde falsch durchgeführt, was zu falschen Diagnosen führte. Ein weiterer Schwachpunkt der Kriterien trat bei Patienten zutage, deren Leiden sich besserte. Bei diesen konnte die Diagnose Fibromyalgie nicht aufrecht erhalten werden, wenn im Verlauf weniger als 11 „tender points“ schmerzhaft waren.
Im Licht der Schwächen des „tender points“-Konzeptes veröffentliche das ACR 2010 neue Kriterien, die ohne die Untersuchung der „tender points“ auskommen und stattdessen auf der Erhebung der anderen Kern- und Begleitsymptome beruhen. Dabei wird durch Befragung des Patienten die Anzahl schmerzhafter Körperregionen ermittelt und ein Index zwischen 0 und 9 gebildet („widespread pain index“, WPI). Danach wird die Symptomschwere ermittelt („severity scale“, SS): Den anderen drei Hauptsymptomen (Erschöpfungszustände, nicht erholsamer Schlaf und kognitive Einschränkungen) werden zur Einordnung ihrer Schwere Punktwerte von 0 (keine Beschwerden) bis 3 (starke Beschwerden) zugeordnet. Den körperlichen Nebensymptomen werden zur Einordnung ihres Ausmaßes Punktwerte von 0 (keine Symptome) bis 3 (viele Symptome) zugeordnet. Für diese Schwere-Skala ergibt sich durch Zusammenrechnen der vier Werte ein Endwert zwischen 0 und 12. Die Diagnose des Fibromyalgiesyndroms kann nach diesen Kriterien gestellt werden, wenn der WPI mindestens 7 und die Symptomschwere mindestens 5 ist, oder wenn der WPI zwischen 3 und 6 liegt, die Symptomschwere aber mindestens 9 beträgt.
Schlafmedizinische Aspekte
Die Fibromyalgie wird in der International Classification of Sleep Disorders (ICSD-2, 2005) im Anhang A und in der Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ bei den Schlafstörungen, die assoziiert mit andernorts klassifizierten Erkrankungen auftreten, aufgeführt, weil die Betroffenen wegen ihrer Beschwerden häufig zum Schlafmediziner überwiesen werden.
Bei der Störung des Schlafs handelt es sich um eine Folge der Grunderkrankung, die als Ursache der Schlafstörung erkannt und behandelt werden muss. Eine spezifische schlafmedizinische Diagnostik ist regelmäßig nicht erforderlich.
In Einzelfällen wurden Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen entsprechend dem irregulären Typ beschrieben.
Behandlung
Die Fibromyalgie ist durch medizinische Maßnahmen nur begrenzt beeinflussbar. Grundsätzlich besteht die Gefahr des Medikamentenmissbrauchs, der Sucht sowie unabsehbarer Folgeschäden durch Dauermedikation mit diversen Schmerzmitteln.
Multimodale Schmerztherapie
Das Behandlungskonzept des Fibromyalgie-Syndroms ist heute die multimodale Schmerztherapie, entsprechend den Erkenntnissen der modernen Schmerzforschung.
Ziel der Maßnahmen sind hierbei die Erhaltung oder Verbesserung der Funktionsfähigkeit im Alltag und damit der Lebensqualität sowie die Minderung und / oder Linderung der Beschwerden. Da es sich um ein meist länger andauerndes Beschwerdebild handeln kann, werden insbesondere Behandlungsmaßnahmen empfohlen, die von Betroffenen eigenständig durchgeführt werden können (Selbstmanagement), die keine oder nur geringe Nebenwirkungen haben und deren langfristige Wirksamkeit gesichert sein sollte. So umfasst das heutige Konzept meist eine Patientenschulung, den Einsatz von Medikamenten in Verbindung mit Sport- und Funktionstraining, physikalischen Therapien sowie Psychotherapie und Entspannungsmethoden.
Medikamente
Die größte Erfahrung besteht mit dem trizyklischen Antidepressivum Amitriptylin, das zeitlich befristet zur Therapie chronischer Schmerzen im Rahmen eines Gesamttherapiekonzeptes eingesetzt werden kann. Aus der Gruppe der Antidepressiva werden verschiedene Medikamente eingesetzt. Für den Einsatz nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) liegen keine Hinweise auf eine Wirksamkeit bei Fibromyalgie vor. Leidet ein Betroffener zum Beispiel zusätzlich an einer Depression, sind Medikamente unter Umständen unverzichtbar. Auf jeden Fall sollte der Arzt ausführlich über erhoffte Vorteile sowie mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufklären. Antidepressiva in niedriger Dosierung werden beim Fibromyalgie-Syndrom vor allem eingesetzt, um die Schmerzen zu lindern sowie die Müdigkeit, Schlaf und Lebensqualität zu verbessern. Es gibt verschiedene Klassen von Antidepressiva. Für die Therapie von Fibromyalgie-Patienten wird in erster Linie der zeitlich begrenzte Einsatz des trizyklischen Antidepressivums Amitriptylin empfohlen.
Eine mögliche Alternative ist der Wirkstoff Duloxetin, wenn die Patienten zusätzlich unter depressiven Störungen und/oder einer generalisierten Angststörung leiden. Er erhöht die Konzentration der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin.
Zusätzlich oder stattdessen werden nach neuesten Erkenntnissen die Antiepileptika Pregabalin und Gabapentin verwendet.
Auch für den Wirkstoff Pregabalin weisen Studien nach, dass er nicht nur bei Nervenschmerzen und epileptischen Anfällen, sondern auch bei Fibromyalgie helfen kann.
Bestimmte entzündungshemmde Schmerzmittel – sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) – kommen zwar häufig bei Rheuma oder Arthrose zum Einsatz. Bei Fibromyalgie fehlen jedoch Wirksamkeitsnachweise. Deshalb empfehlen Experten diese Arzneien nicht bei FMS. Auch für die Wirkung muskelentspannender Mittel (Muskelrelaxantien) bei FMS gibt es keine ausreichenden Belege.
Experten raten dringend davon ab, örtliche Betäubungsmittel oder entzündungshemmende Mittel in die schmerzenden Körperstellen spritzen zu lassen oder eine sogenannte Quadrantenoperation vorzunehmen.
Sporttherapie und Funktionstraining
Ein Herz-Kreislauf-Training, das vorsichtig über einen Zeitraum von Monaten gesteigert wird, kann bei einem Teil der Betroffenen Schmerzen und Müdigkeit reduzieren und die Lebensqualität verbessern. Empfohlene Ausdauersportarten sind Walking, Radfahren, Schwimmen und Aquajogging.
Auch ein Funktionstraining, bei dem bewegungstherapeutische Übungen in Trocken- und Wassergymnastik gezielt auf Muskeln und Gelenke wirken, verbessert bei einem Teil der Betroffenen die Situation.
Physikalische Therapien
Eine türkische Studie zeigte eine Wirkung des Stangerbades in Verbindung mit Amitriptylin. Im Vergleich zu Patienten, die allein mit Amitriptylin behandelt wurden, hatten die Patienten eine höhere Lebensqualität. Wegen der begrenzten Anzahl an Studien wurde diese Kombinationstherapie in der aktuellen S3-Leitlinie weder befürwortet noch abgelehnt. Thermalbäder (Balneo-, Spa- oder Thalassotherapie) sollten dahingegen eingesetzt werden. Massagen werden nicht empfohlen.
Entspannungsmethoden
Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Meditation und weitere Techniken der Stressbewältigung werden in Kombination mit aerobem Training empfohlen. Als alleinige Therapie sind diese Verfahren allerdings ungeeignet. Meditative Bewegungstherapien wie Taijiquan, Qigong und Yoga werden ebenfalls empfohlen.
Naturheilverfahren und Komplementärmedizin
Wärmebehandlungen, wie z. B. die Naturfangoanwendung, aber auch warme Thermalbäder und Saunagänge werden häufig wegen ihrer schmerzlindernden Eigenschaften angewendet.
Während die Leitlinie in der Vergangenheit Akupunktur nicht empfohlen hat, kann gemäß der Ausgabe 2012 der „zeitlich befristete Einsatz“ erwogen werden. Es handelt sich um eine evidenzbasierte Empfehlung mit offenem Empfehlungsgrad. Grund war die methodische Qualität der zugrunde gelegten Studien und der Umstand, dass Nebenwirkungen kaum systematisch berücksichtigt wurden.
Psychologische Maßnahmen
Verhaltenstherapie wird in der deutschen Leitlinie empfohlen. Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, Entspannungsverfahren und therapeutisches Schreiben sollten in die psychologische Therapie eingebettet sein oder mit Bewegungstherapie kombiniert werden.
Vielen Fibromyalgie-Patienten hilft eine sogenannte kognitive Verhaltenstherapie, bei der sie lernen, mit ihrer Krankheit und mit Stress besser umzugehen, ungünstiges Verhalten zu erkennen und zu ändern (zum Beispiel die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen und für regelmäßige Erholung zu sorgen). Studien zeigen auch, dass die Teilnahme an Schmerzbewältigungsgruppen erfolgreich ist.
Auch Entspannungsübungen wie geleitete Imagination, hypnotherapeutische Entspannung, autogenes Training und progressive Muskelrelaxation nach Jacobson helfen vielen Patienten, mit Stress besser umzugehen. Die Betroffenen können die Methoden in Kursen lernen und später selbst anwenden. Die gesprochenen und teilweise mit Musik unterlegten Texte gibt es zum Beispiel als CD oder im MP3-Format über das Internet.